Unbewusste Ursachen der Depression
Aussichtslose Sehnsucht nach elterlicher Liebe
Viele Menschen sehnen sich in ihrem Inneren zutiefst nach
Geborgenheit und Liebe von ihren Eltern und haben das Gefühl, dass sie
das nicht oder nicht ausreichend in der Kindheit erhalten haben.
Manchmal bleibt diese Sehnsucht ein ganzes Leben lang bestehen, ohne
dass es der Person bewusst wird. Der Umgang der Eltern mit dem Kind hat
damals so weh getan, dass sie nie wieder daran denken möchten und vor
diesen Erinnerungen unbewusst flüchten. Stattdessen reden sie sich ein,
dass die Eltern nur gut waren, aber sie als Kind selbst schuld waren,
wie sie behandelt wurden, eine häufige Quelle von lebenslangen
Schuldgefühlen. Und wenn klar wird, dass diese Sehnsucht nach
elterlicher Liebe nicht mehr erfüllt wird, weil die Eltern zu alt, krank
oder gar gestorben sind, können Depressionen entstehen. Dass sie ihre
Sehnsucht aufgeben müssen, ist ein Verlust in ihrer inneren Gedanken-
und Gefühlswelt. Dies halten sie nicht aus, womöglich wollen oder können
sie sich auch gar nicht mit dem Problem auseinandersetzen, es bleibt
unbewusst. Das Ergebnis eines solchen Prozesses können Depressionen
sein, wobei die Betroffenen eine solche Depression als „unbegründet“
erleben.
Früher wurden solche Depressionen, deren Ursache nicht offensichtlich war, als "endogen" bezeichnet. Heute wird von der Pharmaindustrie immer wieder auf einen gestörten Hirnstoffwechsel verwiesen, der durch Psychopharmaka wieder in Ordnung gebracht wird.
Angst vor dem Tod
Die meisten Menschen haben Angst vor dem Tod. Da der
tatsächliche Tod, den jeder von uns erfahren wird, vollständig unbekannt
ist, können wir vor ihm auch gar keine Angst haben. Wir haben Angst vor
dem, was wir uns unter unserem Tod vorstellen. Fast alle Menschen
verbinden anscheinend mit dem Tod den Verlust von den Dingen, die ihnen
am wichtigsten sind. Dem einen ist es am wichtigsten, dass er immer über
alles die Kontrolle hat – und er befürchtet die vollständige
Hilflosigkeit, nämlich lebendig begraben zu werden. Die andere hat ihr
Leben für ihre Kinder gelebt – und sie quält sich mit der Vorstellung,
dass ihre Kinder nach ihrem Tod ohne ihren Schutz sind. Der eine ist auf
seinen scharfsinnigen Verstand so wahnsinnig stolz, dass die
Vorstellung, vor seinem Tod dement oder geisteskrank zu werden, ihm
Alpträume verursacht. Die andere hat den krebskranken Vater, der
unzureichend mit Schmerzmitteln versorgt wurde, gepflegt und hat
panische Angst vor einem langwierigen Sterben mit großen Schmerzen. So
hat jeder Mensch seine ganz persönlichen Erfahrungen mit Tod und Sterben
gesammelt und entsprechende Vorstellungen entwickelt. In unserer Kultur
wird die Begrenztheit des menschlichen Lebens, der Tod, meist
ausgeblendet, obwohl es natürlich jedem klar ist, dass man irgendwann
sterben muss. Wenn eine Person, die sich innerlich gegen das
Bewusstwerden der eigenen Sterblichkeit wehrt, mit dieser Tatsache in
Berührung kommt durch eine eigene Erkrankung, durch den Tod
nahestehender Menschen oder vielleicht auch nur durch einen „runden“
Geburtstag, durch den das Altwerden schlagartig bewusst wird, dann
entsteht ein innerer Konflikt. Wenn der Verlust der Illusion, dass der
Tod immer in weiter Ferne bleibt, nicht akzeptiert werden kann, können
Depressionen entstehen. Der Betroffene sagt aber, es gebe keinen Grund
für die Depression, weil er die Angst vor dem Tod verdrängt und nicht
direkt spürt.